Was tun bei einem Shutdown? – Wenn Kinder „abschalten“
Als Eltern neurodivergenter Kinder stehen wir oft vor Situationen, die uns sprachlos machen: Plötzlich zieht sich unser Kind zurück, sagt vielleicht auch, dass es weg will von uns und allen Menschen – weil es nichts mehr hören, sehen und fühlen will. Es reagiert kaum noch auf uns und wirkt „wie abgeschaltet“. Dieses Verhalten wird in der Fachsprache als Shutdowns bezeichnet – ein Zustand, der sowohl für das Kind als auch für uns als Eltern herausfordernd sein kann.
Was ist ein Shutdown?
Ein Shutdown ist ein körperlicher und emotionaler Rückzug, der als Reaktion auf Überforderung, Stress oder Reizüberflutung auftreten kann. Bei unserem Kind war er die Reaktion auf das Ende des Kindergartens, anschließend in den Urlaub fahren und dann wieder zu Hause ohne feste Struktur sein. Alles was ihm unter dem Jahr Struktur und Halt gibt pausiert während der Sommermonate und die Schule begann erst im September. Anders als ein Wutanfall, bei dem Energie nach außen entweicht, zieht sich das Kind bei einem Shutdown nach innen zurück. Es versucht, sich selbst zu schützen wenn ihm alles zuviel wird und Energie zu sparen, weil es mit den Anforderungen oder Reizen nicht mehr zurechtkommt.
Shutdowns treten häufig bei neurodivergenten Kindern auf, insbesondere bei ADHS, Autismus oder sensorischen Besonderheiten. Sie sind eine Art Selbstschutzmechanismus – kein „böses Verhalten“ und auch kein „Ungehorsam“.
Woran erkenne ich einen Shutdown?
Jedes Kind zeigt Shutdowns etwas anders. Häufige Anzeichen sind:
- Plötzliche Stille oder Rückzug
- Kaum Reaktion auf Ansprache oder Berührung
- Starres oder „leer wirkendes“ Gesicht
- Energieverlust: das Kind wirkt erschöpft, die Bewegungen sind langsam oder mechanisch
- Weinen, Zittern oder Körperversteifung
- Suizidgedanken: das Kind sagt, dass es nicht mehr Leben will, dass alles aufhören soll, äußert Gedanken über wie es das erreichen will
- Verweigerung von Kommunikation – auch einfache Anweisungen werden nicht umgesetzt
Manchmal dauert ein Shutdown nur wenige Minuten, manchmal Stunden. Wichtig ist: das Kind kann nicht einfach „angefeuert“ oder „überredet“ werden, aus diesem Zustand herauszukommen.
Was kann ich tun, um mein Kind zu unterstützen?
Bei einem Shutdown geht es nicht darum, das Kind „schnell wieder hochzufahren“, sondern Sicherheit, Entlastung und Stabilisierung zu bieten.
1. Ruhe und Sicherheit bieten
- Bleibe selbst ruhig und gelassen.
- Schaffe eine ruhige Umgebung: Licht dimmen, Lärm reduzieren, andere Kinder oder Haustiere aus dem Raum nehmen.
- Körperliche Nähe nur, wenn das Kind sie zulässt – manchmal hilft ein sanftes Handauflegen, manchmal Abstand.
2. Überforderung erkennen und reduzieren
- Überlege, welche Reize oder Situationen den Shutdown ausgelöst haben.
- Entferne die auslösenden Faktoren, soweit möglich, oder schaffe zeitliche Pausen.
3. Bedürfnisse anerkennen
- Akzeptiere, dass das Kind gerade nicht kommunizieren kann.
- Sprich in klaren, ruhigen Sätzen, biete aber keine ständige Aufforderung.
- Sätze wie „Du bist sicher, ich bleibe bei dir“ vermitteln Schutz ohne Druck.
4. Nach dem Shutdown sanft stabilisieren
- Achte auf ausreichend Ruhephasen, biete deinem Kind Struktur und bekannte Routinen und Gewohnheiten.
- Lass es verstärkt Dinge tun, die ihm Freude machen. Wenn es lacht bei dem was es tut, dann ist das ein gutes Zeichen, dass ihr das richtige gefunden habt.
- Lasse das Kind nach Ruhephasen selbst entscheiden, wann es wieder aktiv werden möchte.
- Biete kognitive Stimulation beim Zerlegen oder Aufbauen von Bausteinen
- Vermeide sofortige Anforderungen oder Termine, die Druck erzeugen könnten.
- Streiche am Abend vor dem Einschlafen eine 8 auf den Rücken oder backt Pizza in dem du den Rücken deines Kindes knetest, streichst und klopfst
- Es kan zwischen 1-2 Wochen bis zur vollständigen Erholung dauern.
5. Vorbeugung für die Zukunft
- Beobachte Muster: Wann tritt ein Shutdown auf?
- Haltet euch weiterhin an strukturierte Tagesabläufe mit klaren Übergängen
- Schaffe Raum fürs Austoben und Abreagieren
- Plane aktiv sensorische Pausen ein um Überlastung vorzubeugen. z.B. in Form von Bewegung, Rückzugsorten (Höhle bauen) oder stiller Beschäftigung
Fazit
Ein Shutdown ist kein Versagen – weder des Kindes noch der Eltern. Vielmehr ist ein Signal des Körpers, dass das Kind Schutz und Entlastung braucht. Mit Ruhe, Struktur und empathischer Begleitung können Eltern ihr Kind durch diese Phasen tragen und ihm helfen, wieder in seine Stabilität zurückzufinden.
Shutdowns sind herausfordernd, aber sie sind auch ein Fenster zum Verständnis: Wir lernen, die Grenzen unseres Kindes zu sehen, seine Bedürfnisse zu respektieren und den Alltag so zu gestalten, dass Überlastung seltener wird.
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