Diagnose im letzten Kindergartenjahr – was bedeutet das für die Schulauswahl?
Es ist wieder Herbst. Die Blätter färben sich, die Luft wird kühler, Kastanien werden gesammelt – und in vielen Familien beginnt eine aufregende Zeit: das letzte Kindergartenjahr. Für Eltern heißt das, sich mit einer großen Frage zu beschäftigen: Welche Schule soll mein Kind im kommenden September besuchen?
„Wer die Wahl hat, hat die Qual“, heißt es. Doch was ist mit Eltern, deren Kind gerade erst die Diagnose erhalten hat, neurodivergent zu sein – etwa Autismus, ADHS oder eine andere Entwicklungsbesonderheit? Für sie ist die Wahl oft keine echte mehr. Und der Weg bis zum passenden Schulplatz kann sich dennoch wie eine kleine Odyssee anfühlen.
In diesem Beitrag erfährst du, welche Wege Familien in Wien gehen können, um die richtige Schule für ihr neurodivergentes Kind zu finden – und wo es Unterstützung gibt.
Unterstützung bei einer Autismus-Diagnose
Wenn bei einem Kind eine Autismus-Spektrum-Diagnose gestellt wird, empfiehlt es sich, frühzeitig Kontakt mit der Diversitätsmanagerin der Bildungsdirektion Wien, Elisabeth Stricker, aufzunehmen.
Das Diversitätsmanagement unterstützt Eltern bei der Schulwahl, indem gemeinsam geprüft wird, ob das Kind sonderpädagogischen Förderbedarf (SPF) hat.
Dazu werden medizinische und psychologische Befunde gesichtet, Gespräche mit den Eltern geführt und die Einschätzung der Kindergartenpädagogin eingeholt.
Anschließend erhalten Eltern eine Einschätzung, ob das Kind einen Integrationsstatus bekommen würde oder nicht:
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Mit Förderbedarf werden meist Integrationsklassen oder inklusive Schulzentren empfohlen.
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Ohne Förderbedarf können Eltern ihr Kind an jeder regulären Volksschule anmelden.
💡 Tipp: Eine wertvolle Anlaufstelle ist die Familienberatung der Autistenhilfe Wien. Dort erhalten Eltern Unterstützung bei Fragen zur Einschulung, Fördermaßnahmen und rechtlichen Möglichkeiten.
🎧 Podcast-Folge: Passend dazu spricht Frau Stricker in einer Episode des Autismuszentrum Sonnenschein über die geeignete Schulwahl und Unterstützung im Schulalltag für Kinder im Autismus-Spektrum: „Die geeignete Schulwahl & Unterstützung im Schulalltag für Kinder im Autismus-Spektrum – ein Gespräch mit Elisabeth Jencio-Stricker“.
ADHS und andere Neurodivergenzen
Bei ADHS oder anderen neurodivergenten Profilen wie Dyskalkulie, Dyspraxie, auditiver Verarbeitungsstörung oder Hochbegabung läuft der Prozess etwas anders ab.
Hier gibt es keine direkte Begleitung durch das Diversitätsmanagement vor Schuleintritt. Die Unterstützung erfolgt in der Schule selbst – durch pädagogische Anpassungen, Nachteilsausgleich oder, wenn nötig, durch die Feststellung eines sonderpädagogischen Förderbedarfs (SPF).
Wichtig zu wissen:
Der SPF hängt nicht automatisch von der Diagnose ab, sondern von der tatsächlichen Beeinträchtigung im schulischen Alltag.
Wenn ADHS beispielsweise dazu führt, dass das Kind stark abgelenkt ist, Aufgaben schwer bewältigen kann oder unter emotionalem Stress leidet, können Eltern – gemeinsam mit der Schule oder eigenständig – bei der Bildungsdirektion Wien einen Antrag stellen.
💡 Tipp: Je besser dokumentiert ist, wie sich die ADHS im Alltag zeigt (z. B. durch Beobachtungen, Berichte oder Befunde) und welche bisherigen Maßnahmen nicht geholfen haben, desto klarer kann die Bildungsdirektion entscheiden, ob ein sonderpädagogischer Förderbedarf anerkannt wird.
Nützliche Ressourcen für die Schulwahl
Eine vollständige Liste aller öffentlichen und privaten Sonderschulen und inklusiven Schulzentren in Wien findest du hier: Schulverzeichnis der Bildungsdirektion Wien
Darüber hinaus lohnt sich:
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Der Austausch mit anderen betroffenen Familien (z. B. über Selbsthilfegruppen wie das Neurodivergenzcafé oder Online-Communities)
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Gespräche mit KindergartenpädagogInnen und zukünftigen LehrerInnen
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Schulbesuche, um den Alltag, die Atmosphäre und die Haltung des Teams kennenzulernen
Fazit: Eine Schule, die wirklich passt
Eine Diagnose im letzten Kindergartenjahr bringt viele Fragen mit sich – vor allem, wenn die Schulwahl bevorsteht. Doch Eltern sind damit nicht allein. Frühzeitige Gespräche mit der Bildungsdirektion, das Einholen von Unterstützung und ein klarer Blick auf die individuellen Bedürfnisse des Kindes helfen, einen Schulweg zu finden, der wirklich passt. Denn am Ende zählt nicht die perfekte Schule – sondern eine, die das Kind versteht, stärkt und ihm ermöglicht, in seinem Tempo zu wachsen.


